Yext im Interview: „Präsent sein, wenn es drauf ankommt“

Verbraucher shoppen heute über verschiedene Online-Kanäle, wechseln dabei die Geräte und browsen durch die Läden. Für Marken und Händler ergeben sich so neue Herausforderungen für ihre Brand Consistency, erklärt Michael Hartwig von Yext.

Michael Hartwig leitet seit Anfang 2017 die Geschäfte von Yext in Zentraleuropa. Davor verantwortete er bei Google den Adtech-Geschäftsbereich Doubleclick für die gleiche Region. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in Vertrieb und Marketing bei namhaften Unternehmen wie eprofessional (CEO), zanox (CMO), Opel, eBay und BMW zählt er zu den wenigen deutschen Managern, die sowohl in der Offline- als auch in der Onlinewelt zu Hause sind.

GFM Nachrichten: Herr Hartwig, was haben Sie zuletzt eingekauft?

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Michael Hartwig: Meine letzte größere Anschaffung war ein Teleskop für meine neunjährige Tochter zum Geburtstag. Sie interessiert sich sehr für Astronomie, ich hatte aber keine Ahnung, welches Teleskop für ein Kind geeignet ist. Also habe ich angefangen, online zu recherchieren. Dabei waren mir die Erfahrungen anderer User sehr wichtig, die diese in ihren Bewertungen teilen. Gekauft habe ich dann auch nicht das Modell mit dem günstigsten Preis, dem bekannten Markennamen oder den meisten Features – sondern das mit den besten Bewertungen.

GFM Nachrichten: Und haben Sie dann auch online gekauft?

Michael Hartwig: Leider ja. Im Normalfall wäre ich noch in einen Laden gegangen, um das Geschenk einmal in meine Hand zu nehmen und auszuprobieren. Doch in diesem Fall fehlte mir leider die Zeit dafür. Also habe ich gleich online bestellt.

GFM Nachrichten: Würden Sie sagen, dass Sie sich damit wie ein typischer Verbraucher verhalten haben?

Michael Hartwig: Ich glaube nicht, dass ich als typischer Verbraucher gelte. Ich kaufe schon überdurchschnittlich viel online ein. Der Mainstream-Consumer hingegen geht auch heute noch offline shoppen. Dort kann er die Produkte anschauen, anfassen, aus- und eventuell auch anprobieren.

GFM Nachrichten: Was zeichnet die Customer Journey heutiger Konsumenten aus?

Michael Hartwig: Ein Unternehmen muss sich die Frage stellen: Über welche Kanäle kommuniziert und informiert sich der Verbraucher? Google ist die größte Suchmaschine im Netz, Amazon die zweitgrößte, zumindest was Produkte betrifft. Amazon ist aber auch ein Walled Garden, der es dem Händler schwer macht, alle Datenpunkte nachzuvollziehen. Darüber hinaus gibt es noch den Off-Domain-Traffic. Dahinter verbergen sich die Besuche auf Websites, über die zum Beispiel ein Hersteller keine direkte Kontrolle hat, die aber relevant für ihn sind, weil dort seine Produkte diskutiert oder bewertet werden. Neu hinzugekommen ist hier die Sprachsuche. Viele denken dabei zuerst an Amazons Alexa, aber viel wichtiger ist derzeit der Google Assistant: Ihn findet man dank seiner Präsenz auf Smartphones auf weltweit über einer Milliarde Geräten. Und 2020 – also im nächsten Jahr – wird laut einer ComScore-Studie jede zweite Suche eine Sprachsuche sein.

Auch die Frage, ob der Kunde das Device im Laufe seiner Customer Journey gewechselt hat, spielt eine Rolle. Also zum Beispiel im Taxi über das Smartphone angefangen hat, etwas zu suchen, bis er dann zu Hause auf der Couch zum Tablet greift. Die Verbraucher nutzen alle diese Möglichkeiten, ihre Entscheidungen zu treffen. Für Unternehmen hingegen ist es eine Herausforderung, über alle diese Kanäle widerspruchsfreie Daten zu Produkten zur Verfügung zu stellen und auch den eigenen Markenauftritt konsistent zu halten.

GFM Nachrichten: Wie können Händler dem begegnen? Worauf sollten sie dabei achten?

Michael Hartwig: Für Marken und Händler geht es darum, präsent zu sein, wenn es darauf ankommt. Sie müssen sicherstellen, dass die Daten und Fakten über ihre Produkte, ihre Dienstleistungen immer gleich sind. Dabei geht es nicht nur darum, dem Verbraucher ein einheitliches Bild zu geben. Auch Webcrawler lieben Konsistenz, und die Suchmaschinen belohnen die Händler mit einem der oberen Plätze in der Auffindbarkeit. Mit der richtigen Software ist das alles lösbar.

Bei der Suche nach dem richtigen Partner sollten sich Unternehmen aber nicht nur auf das Jetzt konzentrieren. Sie sollten sich nach jemandem umsehen, der zukünftige Entwicklungen im Blick hat und über ein Entwickler-Team verfügt, dass auf diese auch eingehen kann. Um ein Beispiel zu nennen: In den letzten Jahren haben manche Händler chinesische Touristen als neue Kundengruppe identifiziert und sich darum bemüht, Zahlungen über WeChat Pay oder Alipay zu ermöglichen. Es werden aber keine Touristen kommen und diese Angebote nutzen, wenn sie keine Informationen bekommen. Hierzu muss ein Händler auf Plattformen wie Baidu präsent sein, und das natürlich multilingual.

GFM Nachrichten: Welche Rolle spielt dabei der Point of Sale?

Michael Hartwig: Der stationäre Handel ist nicht zu ersetzen. Er ist heute nach wie vor wichtig für das Kundenerlebnis: Fühlen, riechen, testen, mit dem Produkt auseinandersetzen, das sind die Faktoren, die am PoS in den Vordergrund gerückt werden. Davon alleine wird aber eine Filiale nicht überleben können. Die Händler müssen damit anfangen, online und offline zusammenzudenken, also auch lernen, die Online-Käufe einem Filialbesuch und diesen dem Online-Marketing zuzuordnen. Wenn dies gelingt, und es gibt bereits einige Unternehmen, die daran arbeiten, werden die Händler begeistert sein.

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