Warum Data Analytics für den stationären Handel unverzichtbar ist

Styrbjörn Torbacke Advantech Data Anlytics
Styrbjörn Torbacke, Head of iRetail Europe bei Advantech.

Sachkundig, unzuverlässig und illoyal – so beschreibt Styrbjörn Torbacke, Head of iRetail Europe bei Advantech, den Verbraucher von heute. Wie er zu dieser provokanten Beschreibung gelangt ist und wie Händler dank Data Analytics damit umgehen können, erklärt er im Expertenbeitrag.

Eine aktuelle Studie des International Council of Shopping zeigt, dass die Verbraucher ein Geschäft mit so viel Wissen wie nie zuvor betreten. Die Folge: Entweder will der Kunde allein gelassen werden, um sich selbst zu bedienen, ohne von einem Verkäufer „gestört“ zu werden; oder er will genau das Gegenteil und mit Mitarbeitern interagieren, die noch sachkundiger sind als er selbst. Leider ist es unmöglich zu sagen, zu welcher Kategorie ein Shopper gehört, wenn er durch die Tür der Filiale tritt. Einzelhändler müssen also beide Möglichkeiten bedenken und entsprechende Services anbieten.

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Unglücklicherweise geben Kunden unzuverlässige Antworten, wenn man sie nach ihren Wünschen befragt. Dies musste eines der größten Einkaufszentren im Zentrum von Helsinki vor einigen Jahren lernen. Da die Mall ihrem Potenzial nicht gerecht wurde, beschloss der Betreiber, den Präferenzen der Besucher mit Hilfe einer Umfrage nachzuspüren und zu erfahren, was ihr Erlebnis verbessern würde. Die Shopper forderten fast einstimmig gesündere Lebensmittelalternativen – ein Wunsch, dem der Betreiber schnell nachkam. Die neue, größere Auswahl an Restaurants wurde von den Besuchern trotz der vorherigen Aussagen aber nicht angenommen. Inzwischen sind die alternativen Angebote wieder aus dem Einkaufszentrum verschwunden und die gleichen Fast-Food-Restaurants wie zuvor blieben übrig.

Dass Konsumenten zudem illoyal sind, ist inzwischen keine Überraschung mehr. Sobald sie nicht die gewünschte Erfahrung machen, wechseln sie zur Konkurrenz – und die Alternativen sind zahlreicher denn je, sowohl online als auch offline. Eine Studie von American Express zum Beispiel hat herausgefunden, dass ein Drittel (33 Prozent) der Verbraucher bereits nach nur einer schlechten Kundenerfahrung zur Konkurrenz geht, knapp zwei Drittel (60 Prozent) wechseln spätestens nach der dritten schlechten Erfahrung.

Daten sind der Schlüssel

Wie geht man also mit diesen sachkundigen, unzuverlässigen und illoyalen Kunden um? Wenn der Handel nicht weiß, was die Shopper wollen und sie nicht fragen kann, bleibt nur, mit Hilfe von Technologie das Kundenverhalten zu untersuchen. Dabei reicht es nicht aus, Daten nur zu sammeln. Erkenntnisse ergeben sich erst aus der Kombination, dem Vergleich und der Korrelation verschiedener Datensätze. Je weniger Quellen ein Händler nutzt, desto unvollständiger wird das Gesamtbild und die Gefahr falscher Annahmen erhöht sich. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht dies: Zählt man nur die Besucher einer Filiale, bietet sich bei einer hohen Frequenz der Schluss an, dass der Laden ein Erfolg ist. Ohne die Verkaufsdaten aus der Kasse ist dies aber nur eine Vermutung – die Besucher können schließlich auch den Laden wieder verlassen, ohne etwas zu kaufen. In ähnlicher Weise kann eine Heatmap, Daten sammeln allein reicht nicht Warum Data Analytics für den stationären Handel unverzichtbar ist die zeigt, dass Kunden mehr Zeit in einem bestimmten Bereich des Shops verbringen, zu der Annahme führen, dass diese Produkte von besonderem Interesse sind. Dies könnte aber genauso ein schlechtes Ladenlayout verdeutlichen, in dem ein schmaler Gang zu Staus führt. Auch hier erhält man ein besseres Verständnis dafür, was wirklich vor sich geht, indem man diese Daten mit den Informationen aus der Kasse kombiniert.

Trotzdem darf ein Händler das Potenzial einer einzelnen Datenquelle keinesfalls unterschätzen. So kenne ich den Fall eines Bekleidungshändlers, der nach einer Retail-Analytics-Lösung suchte, insbesondere für Verkaufsdaten. Bei einem ersten Pilotversuch in Asien wurden die Verkaufsdaten aller Filialen weltweit gesammelt, was ein britischer Filialleiter erfuhr. Er konnte sich den Zugang zum System sichern und so sechs Monate lang mit Erkenntnissen arbeiten, die alle anderen britischen Filialen nicht hatten. Dies führte am Ende dazu, dass sein Geschäft die Performance um 20 Prozent im Vergleich zu den anderen Stores in Großbritannien erhöhte.

Die Demokratisierung der Daten

Das Beispiel des Bekleidungshändlers macht auch eine andere wichtige Entwicklung in der Datenanalyse deutlich: Sie wird demokratisiert. Vor wenigen Jahren wurden Berichte über Ergebnis-se, Trends und Anomalien zentral erstellt und ausgewertet. Die zugrunde liegenden granularen Daten wurden noch nicht einmal gespeichert. Inzwischen gibt es dank Cloud Computing, hoher Rechenleistung und niedrigen Speicherkosten gar keinen Grund mehr, nicht alle Daten zu speichern. Darüber hinaus hat nicht mehr nur das Hauptquartier Zugang zu den Daten, sondern jede einzelne Filiale erhält Einblick in ihre Kennzahlen, kann diese analysieren und entsprechende Maßnahmen zur Leistungssteigerung selbst durchführen. Am Ende erhält jeder Mitarbeiter genau die Daten, die er benötigt, um seine Arbeit effizienter zu erledigen – ohne den langen Umweg über die Zentrale.

Business Intelligence-Lösungen wie Wise-PaaS Store BI von Advantech ermöglichen es, Daten auf jeder Ebene der Aggregation so präzise zu analysieren, wie es der Händler wünscht. Wise-PaaS Store BI ist ein Retail SRP, ein Solution Ready Package. Das bedeutet, dass die Lösung einem spezifischen Bedarf innerhalb einer Vertikale, in diesem Fall der Verkaufsfläche, entspricht. Als Teil des gesamten Advantech Wise-PaaS-Frameworks bietet es offene APIs und SDKs, um die Integration in andere SRPs und Datenquellen zu ermöglichen.

Die DSGVO und der Einzelhandel

Der Umgang mit Daten führt auch zur Frage nach dem Datenschutz und damit zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die gute Nachricht hier ist, dass diese wenig bis keinen negativen Einfluss auf den stationären Handel hat. Compliancekonforme Unternehmen haben ihre Datenbanken bereits längst bereinigt und ihre Prozesse rund um den Umgang mit personenbezogenen Daten angepasst. Die schlechte Nachricht ist, dass viele Einzelhändler die DSGVO als Entschuldigung für mangelnde Maßnahmen verwenden und behaupten, dass ihnen die Hände gebunden sind und sie keine Daten erheben dürfen. Das ist falsch. Bei der DSGVO geht es nicht um ein Verbot der Datensammlung, sondern darum, wer Eigentümer von personenbezogenen Daten ist und welche Maßnahmen zu deren Schutz ergriffen werden.

Was zudem oft übersehen wird, ist die Möglichkeit, viele Daten zu sammeln, die detaillierte Einblicke in das Kundenverhalten geben, ohne in die Privatsphäre einzudringen oder die DSGVO zu verletzen. Hierzu müssen identifizierbare so früh wie möglich in anonymisierte Daten umgewandelt werden. Im Gegensatz zu Videoüberwachungslösungen senden beispielsweise Personenzählkameras keine Bilder über das Netzwerk. Algorithmen, die sich auf der Kamera selbst befinden, verarbeiten den Videostream und liefern nur Zeitstempel und Zahlen, die gespeichert werden sollen.

Anwendung von Gesichtserkennung

Das gleiche Prinzip wird auch bei der Gesichtserkennung gebraucht. Durch die Verwendung von Referenzpunkten in einer Gesichtsstruktur (typischerweise 56-64) ist es möglich, für jedes Gesicht eine eindeutige digitale Signatur zu erstellen. Dieser Token enthält Attribute wie Ethnie, Alter und Geschlecht und kann kameraübergreifend gespeichert und verfolgt werden – es ist aber niemals möglich, ein Bild des Nutzers aus dem Token wiederherzustellen. Bei Advantech nennen wir dies das „bekannte Unbekannte“: Detaillierte Informationen über den Kunden, sein Verhalten und seine Einkaufsgeschichte, jedoch ohne Bild, ID, Name und Adresse. Ein führender Kosmetikhändler in Großbritannien hat mit solchen Informationen seine Konversionsraten um mehr als 15 Prozent steigern können. Kein Einzelhändler darf Zahlen dieser Größenordnung ignorieren.

Was ein Händler letztlich benötigt, um seinen sachkundigen, unzuverlässigen und illoyalen Kunden zu begegnen, sind Technologien, die Daten für ihn sammeln, und Lösungen, die diese auswerten. Als traditioneller Hardwarehersteller bietet Advantech zahlreiche Produkte wie Selbstbedienungsgeräte, POS-Geräte, Media Player und Interactive Digital Signage-Monitore, die relevante Daten aggregieren. Unsere Wise-PaaS Store BI sammelt, visualisiert und analysiert diese Daten – unabhängig davon, ob sie nun von Advantech-Geräten stammen oder nicht.

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