“Innenstädte sind nicht mehr auf der Intensivstation”: Buero.de-Chef sieht unausweichliches Ende

Die Innenstädte haben die Intensivstation verlassen – aber nur, um endgültig zu sterben. Mit dieser drastischen Einschätzung beschreibt Markus Schön, Geschäftsführer von buero.de, im Gespräch mit der „WAZ“ die Zukunft des stationären Einzelhandels in Deutschlands Zentren. Von der einst so hoffnungsvollen Perspektive des potentiellen Galeria-Retters (Ende 2022) ist wenig übriggeblieben, nachdem die Firma nun 12 von insgesamt 25 Filialen schließen muss.

Besonders betroffen sind dabei ausgerechnet die ehemaligen Standorte des Dortmunder Konkurrenten Pro Büro, die buero.de im vergangenen Jahr erst einmal weiterführte. Laut einem LinkedIn-Beitrag auf dem Unternehmensprofil von buero.de konzentriert sich das Unternehmen jetzt stattdessen verstärkt auf den Online-Handel. Die Plattform www.buero.de soll zu einem internationalen Marktplatz ausgebaut werden, auf dem 250 Händler vertreten sein sollen. Diese Entscheidung wird auch als Reaktion auf die strukturellen Probleme der deutschen Innenstädte und der nationalen Wirtschaft dargestellt, die nach Ansicht von buero.de ebenfalls schon im Krankenhaus liegt.

Sind die Innenstädte wirklich tot?

Markus Schöns Äußerungen reflektieren die Herausforderungen, mit denen viele deutsche Innenstädte konfrontiert sind. In den letzten Jahren mussten große Einzelhandelsketten schließen, weshalb der Leerstand in Einkaufszentren zunimmt.

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Wie stark sich dies allerdings generell auswirkt, muss man erst noch sehen. Laut einem Bericht von BNP Paribas Real Estate stieg die Zahl der neu abgeschlossenen Mietverträge für Einzelhandelsflächen im ersten Halbjahr 2024 immerhin um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden damals rund 450 Mietverträge abgeschlossen – das beste Ergebnis seit 2019. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass trotz der Schwierigkeiten nach wie vor Nachfrage nach Einzelhandelsflächen besteht, auch wenn sie eher weniger von traditionellen Marken begehrt werden.

So entdecken immer mehr neue, internationale Marken das Potenzial der deutschen Großstädte. Unternehmen wie Arc’teryx (Kanada), On (Schweiz) und der Online-Player Highsnobiety haben in den letzten Jahren neue Filialen in Städten wie München, Köln und Berlin eröffnet. Diese Marken setzen auf moderne, innovative Konzepte, die ein besonderes Einkaufserlebnis bieten und gezielt jüngere Zielgruppen ansprechen.

Auch Einkaufszentren experimentieren vermehrt mit neuen Ansätzen, um ihre Attraktivität zu steigern. Das außerhalb des Zentrums gelegene Paunsdorf Center in Leipzig setzt beispielsweise auf „Erlebnisshopping“, bei dem der klassische Einkauf mit Events kombiniert wird. So locken Attraktionen wie Wasserrutschen, Hüpfburgen und Live-Cooking Kunden in die Geschäfte und machen den Einkauf damit zu etwas Besonderem.

Monotonie als Problem

Ein häufig vernachlässigtes Problem spricht ein Beitrag in der “Leipziger Volkszeitung” an. In vielen Innenstädten würden von Geschäften schlicht dieselben Modemarken und Produktpaletten angeboten, was sie monoton und austauschbar mache. Auch diese fehlende Vielfalt trage laut Befragten dazu bei, dass Kunden zunehmend auf den Online-Handel ausweichen, wo sie eine breitere Auswahl und spezialisiertere Offerte finden. Eine Spezialisierung, die neue Marktteilnehmer natürlich meist leichter fällt, kann hier also durchaus für mehr Kundenzustrom in den Läden sorgen.

Ein traditioneller Schreibwarenhändler wie buero.de dürfte genau damit aber Probleme haben, da das Sortiment natürlich eher klassisch ausfällt und alles andere als sexy ist. Die reine Beratung, die der wichtigste Faktor für den Besuch in diesen stationären Geschäften ist, lässt sich in diesem Fall vermutlich größtenteils problemlos auf die Online-Kanäle auslagern – zumal die emotionale Bindung bei Schreibwaren normalerweise weniger groß ausfällt.

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