Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Doch seit der Veröffentlichung von ChatGPT 4 im Frühjahr 2023 scheint die Entwicklung ins Stocken geraten zu sein. Einige Experten warnen bereits vor einem möglichen „KI-Winter“, einer Phase, in der die Technologie stagniert und Innovationen ausbleiben. Parallel dazu zögern viele kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland, KI in ihren Geschäftsprozessen einzusetzen – was die Verbreitung zusätzlich bremst.
Laut einer aktuellen Kurzexpertise des ifo-Instituts im Auftrag der IHK für München und Oberbayern nutzen derzeit nur 12 Prozent der deutschen Unternehmen irgendeine Form von KI. Während ein Drittel der großen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden bereits auf KI setzt, ist dies bei kleinen Unternehmen nur bei jedem zehnten der Fall. Als Hauptgründe für diese Zurückhaltung nennen die Befragten fehlende Expertise (72%), Herausforderungen bei der Integration in bestehende Geschäftsprozesse (54%) sowie rechtliche Unsicherheiten (51%) und Datenschutzbedenken (48%).
Ein europäisches Problem
Diese Schwierigkeiten betreffen nicht nur Deutschland. Auch in den europäischen Spitzenländern Finnland und Luxemburg setzen nur 14 Prozent der Unternehmen KI ein, während Länder wie Irland (8%) und Frankreich (6%) noch weiter zurückliegen. Deutschland schneidet im europäischen Vergleich also relativ gut ab.
Die IHK für München und Oberbayern sieht in der breiten Nutzung von KI jedoch große Chancen für die Zukunft. KI könnte langfristig helfen, den Fachkräftemangel zu kompensieren und Effizienzgewinne zu erzielen. Allerdings müssten die rechtlichen Rahmenbedingungen klarer werden, insbesondere bei der Umsetzung der EU-Vorgaben, um Unternehmen den Zugang zu KI zu erleichtern.
Ein weiteres Hindernis für den breiten Einsatz von KI sind technologische Schwächen. Die derzeitigen KI-Systeme, wie etwa ChatGPT, liefern oft ungenaue oder unerwartete Ergebnisse. So kann es beispielsweise vorkommen, dass ChatGPT auf scheinbar einfache Anfragen ausweicht oder irrelevante Informationen liefert. Typische Beispiel sind Fälle, in denen ChatGPT statt klarer Antworten längere philosophische Ausführungen bietet oder sogar konstant neue Wortformen erfindet – wie etwa „Kund“, wenn es um die noch nicht einmal gewünschte Genderform von „Kunde“ geht. Ebenso mehren sich im Netz die Beschwerden über KI-basierte Kundenservices, da sie intransparent arbeiten und Anliegen gelegentlich komplett falsch interpretieren.
Die kluge Erdbeere?
Die nächste große Hoffnung auf technologische Verbesserungen trägt den Namen „Project Strawberry“. Diese neue Alternativ-Version von ChatGPT, die laut “The Information” noch im September von OpenAI veröffentlicht werden soll, verspricht genauere und durchdachtere Antworten. Das Medium berichtet unter Berufung auf Insider, dass sich die KI mehr Zeit zum „Nachdenken“ nimmt, um komplexere Anfragen besser zu bewältigen. Nutzer müssen sich deshalb auf Antwortzeiten von 10 bis 20 Sekunden einstellen, zudem ist die Nutzung zumindest anfangs rein auf Text limitiert.
Weitere Beschränkungen betreffen die maximale Anzahl von Nachrichten pro Stunde. Es wird spekuliert, dass höherpreisige Abomodelle hier Vorteile bieten könnten. Ob die Neuerungen jedoch die erhofften Fortschritte bringen oder nur eine weitere inkrementelle Verbesserung darstellen, bleibt abzuwarten.
Die Geschichte der KI zeigt immerhin, dass diese Technologie bereits mehrfach Phasen der Stagnation durchlaufen hat. In den 1970er und 1980er Jahren gab es bereits zwei sogenannte „KI-Winter“, in denen die hohen Erwartungen an die Technologie enttäuscht wurden und die Forschung sowie Investitionen stark zurückgingen. Sollte die KI-Entwicklung erneut stagnieren, könnte auch diesmal das Interesse und die Finanzierung in der Branche versiegen – gerade angesichts des immensen Strom- und Geldbedarfs.