Die letzte Bastion des Bargelds unter Beschuss

Automaten, Schließfächer, Kassen kleiner Läden – Bargeld ist in Deutschland immer noch sehr präsent. Mit den „Terminals ohne PIN-Pad“ will die Deutsche Kreditwirtschaft dies ändern. CCV Deutschland hat bereits Geräte im Einsatz.

Die Banking-Welt verändert sich und kontaktlose Bezahlmethoden sind auf dem Vormarsch – auch in Deutschland, obwohl es hierzulande länger dauert als in anderen Märkten. Das Bargeld dominiert jedoch immer noch einige Bereiche, wie etwa Verkaufsautomaten, Schließfächer, Waschanlagen oder Kassen mit niedrigen Bonsummen, wie zum Beispiel beim Bäcker.

In einer Bitkom-Umfrage vom Mai zeigten sich 4 von 10 Bundesbürgern (38 Prozent) offen dafür, ihre Bankgeschäfte über Internetunternehmen wie Apple, Google oder Amazon zu tätigen. 57 Prozent gaben an, dass ihnen Digitalangebote wie Online-Banking, Banking-Apps oder auch Online-Beratung bei ihrer Bank wichtig sind, nur 47 Prozent sagten dies über die Bekanntheit der Marke ihrer Bank. „Wenn es um Geld geht, sind die Kunden in Deutschland traditionell sehr vorsichtig und eher konservativ eingestellt. Wir erleben aber derzeit, wie sich die Finanz- und Bankenlandschaft grundlegend verändert. Das wird auch die Art und Weise verändern, wie wir im Geschäft bezahlen“, kommentierte Bitkom-Präsident Achim Berg die Studienergebnisse. Auch im Bereich Mobile Payment hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan: Google Pay kam nach Deutschland, die Sparkassen haben ihre Bezahl-App eingeführt und auch Apple Pay will Ende des Jahres in der Bundesrepublik starten. Zudem bieten einige Apps integrierte mobile Bezahlmöglichkeiten – bekanntestes Beispiel ist wohl Payback – und diverse kleine Anbieter versuchen ebenfalls, Mobile Payment salonfähig zu machen. Zuletzt startete das Luxemburger Start-up Payconiq einen Piloten in München.

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Selbst auf Events können Verbraucher immer öfter ihr Bargeld stecken lassen. Beim Wacken Open Air können die Heavy-Metal- und Hard-Rock-Fans schon seit 2017 mit Cashless-Payment-Karten bargeldlos bezahlen, die Karte galt 2018 gleichzeitig auch als Eintrittskarte zum Festival. Und auch bei der deutschen Beachvolleyball-Meisterschaft 2018 in Timmendorfer Strand wurden Armbänder für kontaktlose Zahlungen ausgegeben.

Das TOPP-Projekt

In vielen Bereichen scheint sich das Bargeld derzeit auf dem Rückzug zu befinden. Doch in einigen Refugien herrschen Münzen und Scheine noch unangefochten. An den meisten Verkaufsautomaten, Schließfächern, Waschanlagen und ähnlichen Einrichtungen ist noch immer nur Bares auch Wahres. Und beim täglichen Einkauf bei Bäcker, Metzger und in anderen kleinen Läden kann meist nur mit Bargeld bezahlt werden. Mit dem Projekt „Terminals ohne PIN-Pad“ (TOPP) will die Deutsche Kreditwirtschaft dies nun ändern. Gemeinsam mit Netzbetreibern, Terminalherstellern und Automatenbetreibern/Händlern untersucht sie den Einsatz von vereinfachten Terminals ohne Kartenschlitz und PIN-Pad für die kontaktlose Zahlung von Kleinbeträgen. TOPP ermöglicht kontaktlose Zahlungen mit der physischen girocard ebenso wie mit der digitalen girocard im Smartphone für Beträge bis 25 Euro, bei denen in der Regel keine PIN-Eingabe nötig ist.

Im Zuge des Projekts hat der Spezialist für elektronische Bezahllösungen CCV Deutschland bereits die ersten Terminals ohne PIN-Pad in Betrieb genommen. In Berlin etwa wurde gemeinsam mit dem kaufmännischen Netzbetreiber Card-4Vend der neue Waschsalon des internationalen Studentendorfes Schlachtensee umgerüstet. Mit den Terminals der Firma CCV werden dort nun internationale Debit- und Kreditkarten akzeptiert. „Ohne PINPad lassen sich die Terminals wesentlich leichter in verschiedene Automatentypen einbauen oder nachrüsten“, erläutert Arne Meil, Geschäftsführer von Card4Vend. „Zudem ist der Wartungsaufwand geringer, da weniger mechanische Komponenten von außen verschmutzt oder beschädigt werden können.“ Neben den internationalen Debit- und Kreditkarten lassen sich am Terminal auch alle kontaktlosen girocard-Karten der Deutschen Kreditwirtschaft verwenden. Insgesamt wünschen sich 56 Prozent aller girocard-Nutzer, bargeldlos an Automaten bezahlen zu können. Zu diesem Ergebnis kam die GfK in einer repräsentativen Endkundenbefragung im Auftrag der Euro Kartensysteme aus dem Mai 2017.

Tests in Kassel

Einen umfangreicheren Test betreibt CCV in Kassel. Die selbsternannte „girocard City“ dient der Deutschen Kreditwirtschaft bereits seit 2016 als Testlabor für neue Funktionen der girocard. Nun wurden dort im Rahmen des Pilotprojekts insgesamt 40 Selbstbedienungsautomaten für kalte und warme Getränke, Snacks und Lebensmittel des Vellmarer Automatenaufstellers und BDV-Mitglieds R. Malsch mit TOPP-Terminals von CCV aufgerüstet. Die Automaten stehen unter anderem im Berufsbildungszentrum, Kliniken und in unterschiedlichen Betrieben zur Versorgung von Mitarbeitern bereit. Zudem wurden die ersten Zigarettenautomaten mit der girocard kontaktlos-Bezahlfunktion in Kassel von einem Mitglied des BDTA (Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller e.V.) in Betrieb genommen. Und auch die BDTA-Mitglieder Hall Tabakwaren, Tabakwaren Union Nörten-Hardenberg und tobaccoland haben bereits rund 50 kontaktlose CCV-Terminals an Zigarettenautomaten in Kassel und Dortmund installiert.

Auch hier tritt Card4Vend als Fullservicedienstleister auf und zeichnet für den Netzbetrieb, die Inbetriebnahme der Hardware und die Onlinekommunikation verantwortlich. „Wir haben als erster Hardware- und Lösungsanbieter die TOPP-Initiative von Anfang an maßgeblich begleitet und sehen anhand der ersten Pilotprojekte, dass TOPP für die Automatenbranche von großer Bedeutung ist“, erklärt Christine Bauer, Chief Commercial Officer der CCV Deutschland. „Erste Ergebnisse zeigen, dass der Konsument immer häufiger die girocard kontaktlos am Automaten einsetzt. Wir sehen enormes Potential in diesem Markt.“

Mit dem Pilotprojekt will die Deutsche Kreditwirtschaft zunächst praktische Erfahrungen zur Nutzung von Terminals ohne PIN-Pad in verschiedenen Einsatzbereichen sammeln. Dabei soll auch in neuen Segmenten eine Optimierung des Bezahlerlebnisses für Kunden getestet werden. Denkbar wäre beispielsweise, dass mobile Händler die Terminals ebenfalls verwenden.

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