Rechtliche Herausforderungen in der Digitalisierung des Handels

Kathrin Schürmann ist Rechtsanwältin und Partnerin bei der Tech-Kanzlei SCHÜRMANN ROSENTHAL DREYER und spezialisiert auf das digitale Business. Im Gastbeitrag erklärt sie, welche rechtlichen Herausforderungen bei der Digitalisierung des Handels warten.

Kathrin Schürmann ist Rechtsanwältin und Partnerin bei der Tech-Kanzlei SCHÜRMANN ROSENTHAL DREYER und spezialisiert auf das digitale Business. Ihre Schwerpunkte sind Datenschutz & Wettbewerbsrecht, ihr Fokus liegt auf KI, Big Data, Kundenbindung und mehr.

Die Digitalisierung wartet mit unzähligen Möglichkeiten für alle Bereiche der Handelsbranche auf: von Kundenbindungsprogrammen über standortbasierte Dienste hin zu digitalen Preisschildern. Konventionelle Handelsmodelle haben entweder ausgedient oder werden mit digitalen Komponenten ergänzt. Auch die Erwartungen der Kunden an die Nutzererfahrung sind in jüngster Zeit beständig gewachsen. Die Big Player des E-Commerce-Handels haben einen schwer zu erreichenden Standard etabliert und nehmen nun auch den stationären Handel in Angriff.

Welche rechtlichen Herausforderungen müssen Unternehmen meistern, um die durch die Digitalisierung vorangetriebene Disruption des (stationären) Handels zu überstehen?

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Datenschutzrecht: DSGVO verhindert nicht den Einsatz neuer Technologien

Wollen vor allem stationäre Händler nicht den Anschluss verpassen, müssen sie sich intensiver mit der Einführung neuer Technologien und damit verbunden auch mit der DSGVO auseinandersetzen. Im Fokus datenschutzrechtlicher Überlegungen steht zunächst immer die Wahl der richtigen Rechtsgrundlage. Dabei haben Unternehmen prinzipiell drei Optionen:

1. Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO
2. Vertragserfüllung/-anbahnung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO
3. Überwiegende berechtigte Interessen gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO

Anders als oftmals angenommen, kommt also nicht bloß die Einholung von Einwilligungen in Betracht. Stehen tatsächlich mehrere Rechtsgrundlagen zur Auswahl, sollte die Einholung von Einwilligungen vermieden werden, da sich diese von Betroffenen jederzeit widerrufen lassen, womit die weitere Verarbeitung personenbezogener Daten des Widerrufenden unzulässig wird. Auch wird klar, dass die DSGVO den Einsatz neuer Technologien wie etwa Location Based Services (kurz: LBS) nicht verhindert, sondern lediglich datenschutzrechtlich absichert.

Wettbewerbsrecht: Reichlich Spielraum für innovative Marketingstrategien

Während das Datenschutzrecht oftmals das „Ob“ des Einsatzes datengetriebener Technologien mitbestimmt, regelt das Wettbewerbsrecht schwerpunktmäßig das „Wie“. Das Wettbewerbsrecht muss also bedacht werden, wenn die Geschäftstätigkeiten eines Mitbewerbers berührt werden. Wird ein virtueller Bereich etwa so abgesteckt (Geofencing), dass sich auch konkurrierende Unternehmen in dem Bereich befinden, so könnten ausgespielte Push-Nachrichten potenzielle Kunden dazu veranlassen, den eigenen Markt statt den des Mitbewerbers zu besuchen. Ob allein diese Tatsache ausreicht, um von einer gezielten Behinderung von Mitbewerbern gemäß § 4 Nr. 4 UWG zu sprechen, ist noch nicht geklärt. Vieles spricht dafür, dass noch weitere beeinträchtigende Umstände hinzukommen müssen.

Ebenso könnte es als unlauteres Abfangen von Kunden gelten, wenn diese sich bereits bei einem Konkurrenten aufhalten und in diesem Moment via Smartphone mit Angeboten angesprochen werden – und sich dann umentscheiden, um bei dem Werbenden einzukaufen. Um von Unlauterkeit sprechen zu können, muss die Ansprache aber derart aufdringlich sein, dass der Kunde zur Änderung seines Kaufentschlusses gewissermaßen gedrängt wird.

Wird ein Kunde bewusst zu einem Vertragsbruch verleitet, ist dies regelmäßig als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu qualifizieren. Das ist etwa der Fall, wenn ihm ein Rabatt versprochen wird, wenn er die bei einem Konkurrenten gekaufte Ware retourniert.

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