Studie zeigt Handlungsbedarf im stationären Retail

Der stationäre deutsche Einzelhandel weiß derzeit nicht unbedingt, warum er eigentlich eine Anlaufstelle für Kunden ist. In einer neuen Studie stimmen rund zwei Drittel der Konsumenten der These zu, dass es im Geschäft besondere Services und Dienstleistungen gibt, die dieses von der Konkurrenz abheben. Über die Hälfte der Händler konnte bei sich aber keine entdecken.

Dies dürfte auch mit der unterschiedlichen Wahrnehmung zusammenhängen, was als Alleinstellungsmerkmal gesehen wird. So sind bei Endkunden vor allem produkt- und preisbezogene Merkmale gefragt. In der Studie “Der stationäre Handel 2020” von Sickel und Team nennen sie unter anderem ein vielfältiges, wechselndes Sortiment (35 Prozent) und das Preis-Leistungs-Verhältnis (24,6 Prozent). Auf Händlerseite werden dagegen eher Zusatzservices (55,8 Prozent) und die allgemeine Kundenorientierung (26,9 Prozent) fokussiert. Zu den eigenen Stärken zählen die Firmen das Kundenmanagement (25,2 Prozent), das Produktsortiment (22,6 Prozent) sowie die Kompetenz der Mitarbeiter (17,4 Prozent).

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Ladenbesuch im positiven Licht

Endkunden beurteilen einen kürzlichen Besuch im jeweiligen Ladengeschäft im Allgemeinen recht positiv. Durchschnittlich vergeben 30,1 Prozent sogar die Höchstnote 1 – und weitere 46 Prozent zücken die Note 2. Durchgefallen sind die Geschäfte bei 2,2 Prozent der Konsumenten (Note 5 bzw. 6). Die Zufriedenheit lässt sich durch das Sortiment (71,4 Prozent), das Verkaufspersonal (32,6 Prozent) sowie die Gestaltung des Geschäfts (28,1 Prozent) maßgeblich erhöhen. Im Gegenzug ist schlechtes Verkaufspersonal ein wahrer Quell für Unzufriedenheit (41,7 Prozent).

Ihr Verkaufspersonal können Händler recht gut einschätzen, da sich ihre Bewertung hinsichtlich fachlicher und Beratungskompetenz, Freundlichkeit, Motivation und dem Eingehen auf Wünsche und Bedürfnisse größtenteils mit der Ansicht der Kunden deckt. Lediglich individuelle Kundenbedürfnisse identifiziert es nicht so gut, wie die Händler eigentlich denken. Zudem werden die Weiterempfehlungsabsichten der Kunden überschätzt.

Kundenbindungsmaßnahmen

Vielleicht auch deshalb werden die Verbraucher nur selten (8,2 Prozent) aktiv dazu aufgefordert, das Geschäft zu promoten. Und gerade einmal 3,8 Prozent haken telefonisch nach, wenn Infomaterial versandt wurde. Kataloge sind aus Konsumentensicht als Kundenbindungsmaßnahme kaum effektiv, lediglich Visitenkarten werden noch schwächer eingeschätzt. Kaum besser stehen allerdings Gewinnspiele, Newsletter und Give-Aways da. Als beste Lockmittel werden Coupons bzw. Treuerabatte sowie Bonusprogramme wie Payback gesehen.

Gerade letztere werden allerdings nur von 34,6 Prozent der Händler genutzt, was sie hinter Coupons bzw. Treuerabatte (45,9 Prozent), Newsletter (43,6 Prozent), Give-Aways (41,4 Prozent), Visitenkarten (39,8 Prozent), Gewinnspiele (39,8 Prozent) sowie Kundenclub/Kundenkarte inkl. exklusive Vorteile (34,6 Prozent) auf Platz sieben der am häufigsten verwendeten Kundenbindungsmaßnahmen verbannt.

Vorteil stationärer Handel

Die direkte Überprüfung der Ware ist für 52,5 Prozent der Endkunden einer der Vorteile stationärer Geschäfte gegenüber dem Onlinehandel. Neben der schnellen Verfügbarkeit (28 Prozent) ist ihnen ebenfalls die Beratung bzw. der persönliche Kontakt (22,8 Prozent) wichtig. Dass Produkte anprobiert und getestet werden können, sehen 14,4 Prozent als positiven Aspekt. Die Umweltfreundlichkeit, das Kauferlebnis (je 2,8 Prozent), Stöbern/Spontankäufe, die Unterstützung lokaler Händler (je 2,6 Prozent) und die Nähe (2,2 Prozent) spielen derzeit noch eine untergeordnete Rolle.

Das Verbesserungspotenzial des eigenen Verkaufspersonals wird nur von 45,9 Prozent der Händler in regelmäßigen Messzyklen identifiziert. 42,9 Prozent vergleichen hierzu einfach Umsatzzahlen. Befragungen von Kunden und Mitarbeitern finden bei 19 Prozent statt, 11,9 Prozent laden zu Mitarbeitergesprächen. Mit Testkäufen und externen Tests arbeiten 9,5 Prozent bzw. 4,8 Prozent.

“Die Studie zeigt eindeutig, welche Faktoren für die Missstände verantwortlich sind. So fehlen auf Händlerseite meistens messbare Ziele sowie eine klare Kommunikation. Sowohl Verkaufsführung als auch Verkaufsmitarbeiter haben hier dringenden Nachholbedarf”, sagt Christian Sickel, Gründer und Geschäftsführer von Sickel und Team.

Über die Studie

Die Studie „Der stationäre Handel 2020“ wurde von Sickel & Team in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Marketing erstellt. Sie basiert auf der Befragung 133 Händlern und 577 Endkunden. Die befragten Händler stammen aus verschiedensten Handelsbranchen, wobei sowohl kleinere als auch große Unternehmen vertreten sind.

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