Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat beim Bundeskartellamt Beschwerde gegen die Online-Plattform Temu eingelegt. Die Vorwürfe wiegen schwer: Temu soll den auf der Plattform tätigen Händlern systematisch die Kontrolle über ihre Preise entziehen – ein Vorgehen, das der HDE als kartellrechtswidrig einstuft.

Konkret geht es um eine Praxis, bei der Temu den Verkaufspreis nicht nur aktiv mitbestimmt, sondern diesen in vielen Fällen auch eigenmächtig festlegt. Dabei gilt die interne Vorgabe, dass Händler ihre Produkte auf Temu zu maximal 85 Prozent des Preises anbieten dürfen, den sie für vergleichbare Artikel auf anderen Plattformen verlangen. Zusätzlich behält sich Temu vor, den finalen Preis selbst festzulegen – unabhängig von der Preisstrategie des Anbieters. Aus Sicht des HDE stellt dies einen unzulässigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar.
Neben den kartellrechtlichen Bedenken kritisiert der Verband auch eine Vielzahl weiterer Verstöße gegen europäische und deutsche Vorschriften. So werde etwa regelmäßig gegen die Preisangabenverordnung verstoßen, etwa indem bei beworbenen Preisnachlässen der vorgeschriebene Referenzpreis – der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage – nicht angegeben wird. Auch Elemente des Lauterkeitsrechts sieht der HDE verletzt. Ein Beispiel sind irreführende Countdown-Anzeigen, die zeitlich befristete Angebote vorgaukeln, ohne dass die Fristen verbindlich wären.
Hinzu kommen erhebliche Zweifel an der Produktsicherheit. Verschiedene Organisationen und Unternehmen, die Testkäufe bei Temu durchgeführt haben, berichten immer wieder von Mängeln bei der Einhaltung geltender Sicherheitsvorschriften. Damit stehen nicht nur Verbraucherschutz und faire Marktbedingungen infrage, sondern auch das Vertrauen in regulierte Handelsstrukturen.
Der HDE betont, dass inländische Handelsunternehmen hohe Investitionen tätigen, um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen – sei es beim Umweltschutz, bei Sicherheitsprüfungen oder durch steuerliche Beiträge zum Gemeinwesen. Plattformen wie Temu würden sich dem dagegen entziehen und sich so einen systematischen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Die beim Bundeskartellamt eingereichte Beschwerde wurde in Zusammenarbeit mit der Kanzlei Noerr erarbeitet. Sie stützt sich auf eine Vielzahl von Dokumenten sowie auf Ergebnisse aus Testkäufen