Farewell, Stockwell: Innovativer Automatenbetreiber gibt auf

Mit seinen fortschrittlichen Verkaufsautomaten wollte Stockwell eigentlich eine Alternative zu den „Tante-Emma-Läden“ in den USA anbieten. Nun hat es das bei seinem Marktstart noch frech Bodega genannte Unternehmen allerdings selbst erwischt – der Sargnagel dürfte die Covid-19-Pandemie gewesen sein.

Trotz ihres High-Tech-Ansatzes wirkten die Stockwell-Automaten auf den ersten Blick wie ein klassischer Schrank (Bild: Stockwell)

Als Bodega 2017 seinen Betrieb aufnahm, wurde es von den US-Medien schnell zum meist gehassten Start-Up gekürt. Der Grund dafür war der gewählte Name: Der Begriff Bodega bezeichnet zumindest in New York und Los Angeles bestimmte kleinere Geschäfte, die Waren des täglichen Bedarf anbieten und die von der neuen Firma Konkurrenz zu befürchten hatten.

Die Gründer Paul McDonald und Ashwath Rajan – zwei Ex-Mitarbeiter von Google – wollten an allen möglichen öffentlichen Orten ca. 1,5 Meter breite Boxen mit Glasfront platzieren, die mit verschiedenen nicht-verderblichen Produkten gefüllt sind. KI-unterstützte Kameras erkennen bei dem Konzept, was die Nutzer aus der Box entnehmen. Eine App entriegelt den Automaten und übernimmt den kompletten Abrechnungsprozess. Durch intensive Analyse sollten zudem die jeweils begehrtesten Produkte am jeweiligen Standort den Weg in die Box finden.

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Viel Geld investiert

Für seine Pläne konnte das Mitte 2018 zu Stockwell umfirmierte Unternehmen über 45 Millionen Dollar Investitionskapital einsammeln. Damit wurden in Los Angeles, Houston, Chicago sowie der San Francisco Bay Area bereits tausend automatisierte Miniläden aufgestellt und regelmäßig befüllt. Durch die Covid-19-Pandemie wurde ihr Standort allerdings zum Problem: Sie befinden sich im Allgemeinen in den Lobbys von Luxusappartments, Bürogebäuden, College-Campi und Fitnesscentern, in denen es natürlich kaum bis gar keinen Publikumsverkehr mehr gab.

Wie katastrophal sich dies auf das Automatengeschäft auswirken kann, erläuterte Paolo Ghidotti, President der European Vending & Coffee Service Association (EVA), Anfang April in einem Brief an verschiedene europäische Behörden und Organe. Laut seiner Aussage verzeichneten einige Anbieter Umsatzeinbußen von bis zu 90 Prozent, da ihre Automaten zu 80 Prozent in den während des Lockdowns kaum genutzten Bürogebäuden stehen.

Co-Gründer bereits gegangen

Ob es bei Stockwell allerdings nicht zuvor schon kriselte, ist unklar. Immerhin stieg Gründer und CTO Ashwath Rajan schon im November 2019 aus, um sich lieber als Chief Product Officer um das Finanzanalyse-System FreemarketsAI zu kümmern. Zumindest der Betreiber der Gebäude, in denen die Stockwell-Automaten größtenteils aufgestellt sind, scheint mit der Performance aber zufrieden gewesen zu sein. Immerhin ist er laut TechCrunch auf der Suche nach einem Ersatz für Stockwell, wenn dieses am 1. Juli seine Tätigkeit einstellt.

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