Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein wegweisendes Urteil im Bereich des Wettbewerbsrechts gefällt, das die Rechte der Verbraucher gegenüber irreführenden Verpackungen stärkt. In dem Verfahren ging es um die Klage eines Verbraucherschutzverbandes gegen “einen Hersteller von Kosmetik- und Körperpflegeprodukten” (L’oreal), der eine als „Mogelpackung“ bezeichnete Verpackung verwendete. Der BGH entschied, dass eine Verpackung in der Regel nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Füllmenge steht, wenn sie nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt ist.
Die klagende Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warf der Beklagten vor, eine irreführende Werbung für ein Herrenwaschgel auf ihrer Internetseite zu betreiben. Die Tube des Produkts, die auf dem Verschlussdeckel stehend abgebildet ist, hat einen transparenten unteren Bereich, durch den der orangefarbige Inhalt sichtbar ist, während der obere silberne Bereich undurchsichtig bleibt. Der Verband argumentierte, dass diese Gestaltung eine nahezu vollständige Befüllung suggeriere, obwohl die Tube nur im durchsichtigen Bereich bis zum Beginn des oberen, undurchsichtigen Bereichs einen wirklichen Inhalt habe.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf hatten die Klage zunächst abgewiesen. Beide Instanzen kamen zu dem Schluss, dass im Online-Vertrieb keine spürbare Irreführung vorliege, da die konkrete Größe der Verpackung für den Verbraucher nicht unmittelbar erkennbar sei. Sie sahen keinen Verstoß gegen § 43 Abs. 2 des Mess- und Eichgesetzes (MessEG) und auch keine Irreführung nach § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Der Bundesgerichtshof hob die Urteile der Vorinstanzen auf und gab der Klägerin Recht. Er stellte fest, dass die beanstandete Verpackung entgegen § 43 Abs. 2 MessEG eine größere Füllmenge vortäusche, als tatsächlich vorhanden sei. Der Schutzzweck dieser Vorschrift, den Verkehr vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge einer Fertigpackung zu schützen, sei unabhängig vom Vertriebsweg stets betroffen.
Der BGH entschied, dass die beanstandete Internetwerbung für das Waschgel gegen § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG verstößt. Eine Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung liege grundsätzlich vor, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zur darin enthaltenen Füllmenge steht. Dies sei hier der Fall, da die Waschgel-Tube nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt wurde und weder die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindere noch die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruhe.