Einzelhandel kümmert sich zu wenig um Online-Kritiken

Viele Händler engagieren sich zwar stark im Social Media-Bereich oder punkten mit Apps und Webseiten – vernachlässigen dabei aber einen der wichtigsten Kanäle für Kundenfeedback. Zumindest in den USA reagieren sie fast nie auf Kritiken, die auf firmenfremden Webseiten über sie verfasst werden. Besonders häufig wird der Kopf ausgerechnet dann in den Sand gesteckt, wenn die Beiträge negative Aspekte zur Sprache bringen.

So konnten gerade einmal 2,8 Prozent der Kritiker mit einer Antwort der betreffenden Firma rechnen, wenn sie Beschwerden vorzutragen hatten. Im „2020 Retail Reputation Report“ von Reputation.com bildete einzig die Kauf- und Versandhauskette Nordstrom unter den hundert wichtigsten US-Retailern eine nennenswerte Ausnahme. Bei Nordstrom wurde auf 51 Prozent und bei Nordstrom Rack sogar auf 79 Prozent der negativen Kommentare eingegangen, was eventuell auch zum vergleichsweise guten Ruf der Unternehmen (Platz 8 und Platz 12 im Ranking) beitrug. 

Branchenintern beschäftigen sich vor allem Discounter mit negativen Nutzermeinungen (9,7 Prozent Reaktionsquote), gefolgt von Unterhaltungselektronik-Händlern (8,14 Prozent) und Department Stores (7,05 Prozent). Die Megastores bilden mit 0,06 Prozent das absolute Schlusslicht.

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Top 7 gehen nicht auf Kundenmeinungen ein

Alle laut ihrem Reputation Score besser als Nordstrom angesehenen Unternehmen waren nicht ein einziges Mal bereit, auf negative Kommentare zu antworten. Eventuell hätten also Trader’s Joe, The Lego Store, Bass Pro, Costco, Wegmans, The Disney Store und Bath & Body Works (Plätze 1-7 in dieser Reihenfolge) sich weiter von den Wettbewerbern abgesetzt, wenn sie auch in dieser Richtung aktiv geworden wären. Immerhin zeigte sich in der Untersuchung, dass Händler, die ihren Reputation Score gegenüber dem Vorjahr stark erhöhen konnten, durchschnittlich 2,25 Prozent mehr Umsatz verzeichneten. Konkurrenten, denen dies nicht oder kaum gelang, verbuchten dagegen gerade einmal durchschnittlich unter einem Prozent Wachstum.

Einige Spezialisten wie Juweliere oder Unterhaltungselektronikhändler, für deren Dienste Käufer immer mehr Alternativen finden und die deshalb durchaus in ihrer Existenz bedroht sind, blieben bei ihrem Reputations Score unter dem allgemeinen Durchschnitt. Am schlechtesten schnitten aber die reinen Drogerien ab: Walgreens, CVS und RiteAid bildeten zusammen mit der Supermarktkette Kroger die Schlusslichter in der Untersuchung.

Andere Branchen wesentlich aktiver

Der Reputation Score von Reputation.com wird auf einer Skala von 0 bis 1.000 gemessen und indexiert die digitale Präsenz von Einzelhandelsstandorten in über 70 Branchen anhand von neun Faktoren wie Sternebewertung, verfassten Nutzer-Reviews, dem Umgang mit solcher Kritik oder der Search Impression. Der Handel liegt in der aktuellen Ausgabe der Studie vor allem aufgrund seiner Verweigerungshaltung gegenüber Kritik hinter Autoverkäufern, Hotels, Restaurants und Immobilienfirmen. Gaststätten melden sich immerhin bei zwei Drittel der Konsumenten, die über externe Angebote Beschwerden äußern – etwas, das sich auch in Deutschland beobachten lässt.

Dabei wird der US-Handel mit durchschnittlich 4,2 Sternen eigentlich von den Kunden recht positiv bewertet. Die Lebensmitteleinzelhändler kommen sogar auf 4,4 Sterne und liegen damit gleichauf mit den Autoverkäufern.

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