Verzahnung digitaler Werbekanäle: Enormes Potential für stationären Handel

Die Digitalisierung erfasst nach und nach die klassisch analogen Kanäle wie Außenwerbung, TV oder Radio, was zu immer mehr Optionen bei integrierten Digitalkonzepten führt. Nachdem in den letzten Jahren vor allem der E-Commerce von digitaler Kommunikation profitierte, kann nun auch der stationäre Einzelhandel und Gastronomie die clevere Verzahnung der Kanäle und Screens für sich einsetzen. Das Smartphone wird dabei zum Bindeglied zwischen den einzelnen Kanälen. Gleichzeitig sorgt das mobile Device für die notwendige Datenbasis, um Treffgenauigkeit, Relevanz und Messbarkeit der Maßnahmen zu gewährleisten. Was nun alles möglich ist, erklärt Oliver Bolenius, Managing Director DACH des Technologieunternehmens TABMO, in einem Gastbeitrag.

Unser Gastautor Oliver Bolenius ist Managing Director DACH des unabhängigen, französischen Technologieunternehmens TABMO. Bevor er die Geschäftsleitung für den deutschsprachigen Raum übernahm, war Bolenius bereits seit 2017 für das hiesige Agenturgeschäft verantwortlich.
Unser Gastautor Oliver Bolenius ist Managing Director DACH des unabhängigen, französischen Technologieunternehmens TABMO. Bevor er die Geschäftsleitung für den deutschsprachigen Raum übernahm, war Bolenius bereits seit 2017 für das hiesige Agenturgeschäft verantwortlich.

“Noch nie konnten wir einzelne Kanäle so effektiv miteinander verzahnen. Dieses Potenzial, das sich zum Beispiel aus der Kombination von DOOH mit Mobile und Digital Audio ergibt, sollte kein Marketer verspielen”, ist sich Kia Zolfaghari, Gründer und CEO der Mediaagentur VIVALU, sicher. Im Folgenden wird der Ablauf dieser Kampagnen sowie das Zusammenspiel der Kanäle erläutert. Außerdem soll veranschaulicht werden, welche Bedeutung das Mobiltelefon für die Wirkungsmessung in Zukunft haben kann.

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Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit über Digital-Out-of-Home und In-App

Die Schwergewichte in der Außenwerbung, wie etwa Ströer, WallDecaux, ECN oder Goldbach, schließen ihre Screens zunehmend an das vorhandene digitale Werbeökosystem an. Dies erlaubt Filialisten den Zugriff auf das Inventar, wofür diverse Demand-Side-Plattformen (DSP) zum Einsatz kommen, die im digitalen Advertising für den Einkauf der Werbefläche zuständig sind. Sie können gezielt die Stelen in Digital-Out-of-Home (DOOH) buchen, die sich in einem gewissen Radius um einen Store herum befinden, oder beispielsweise die Screens anzusteuern, um die herum die Zielgruppe überproportional vertreten ist. Klassischerweise legen sich Werbetreibende auf bestimmte Zeiten fest, an denen die Werbung ausgespielt werden soll.

Die Ausspielung zu den zeitlichen Intervallen lässt sich wiederum mit einem geobasierten Targeting für mobile Werbung koppeln. Denn der Filialist weiß, wann und wo seine Anzeigen auf den digitalen Screens gezeigt werden. In diesen Regionen – beispielsweise 50 Meter um eine Stele herum – kann er somit exakt zu diesem Zeitpunkt Impressions, die innerhalb von Apps ausgespielt werden, einkaufen. Den nötigen Standort liefert dabei das GPS-Signal des Handys. Somit erfolgt neben dem großen Screen bereits der zweite Kontakt zur Marke.

Wiederansprache über das Smartphone

Im Rahmen des Kontakts mit dem Werbemittel “markiert” man das Mobiltelefon des Konsumenten und ermittelt die Advertising-ID des jeweiligen Smartphones. Diese kann zwecks Retargeting-Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt hinzugezogen werden. In der Praxis bedeutet dies, dass die Person, die morgens an der Außenwerbung vorbeikommt und gleichzeitig das Banner in seiner App sieht, abends auf dem Sofa beim Nachrichtenlesen auf dem Handy erneut angesprochen wird. Dies kann dann beispielsweise mit einem Video oder einem interaktiven Creative geschehen, welches den User zu einer positiven Interaktion mit der Marke einlädt.

Verlängerung der Kampagnen in Audio-Plattformen

Die Mobile Advertising ID dient im weiteren Verlauf ebenfalls dazu, diese Personen in der Audio-Welt wiederzufinden. Da sich der Audio-Konsum immer stärker in Apps und somit auf das Mobiltelefon verlagert, kommt eine weitere Komponente für die Werbekampagne der Filialisten hinzu. Plattformen wie Spotify und Soundcloud oder digitale Vermarkter wie RMS bieten Targeting anhand der Advertising ID an. Hört ein Nutzer also im Nachhinein Musik auf dem Weg zur Arbeit oder einen Podcast beim Spazierengehen, spielt die jeweilige Plattform der Wahl den gesprochenen Werbespot der Marke aus. Damit sind wir beim vierten, gezielten Kontakt mit der Marke des Filialisten.

Besuch im Ladengeschäft lässt sich der Kampagne zuordnen

Der moderne Mensch hat sein Mobiltelefon jederzeit dabei – so auch beim folgenden Besuch im Ladengeschäft. An diesem Punkt kommen Datenspezialisten aus dem Werbeökosystem ins Spiel, die ermitteln, wann sich ein Smartphone an einem bestimmten Standort befindet. Sie spielen diese Information, die an die Mobile ID des Telefons gekoppelt ist, an Werbeplattformen zurück. “Footfall-Measurement” nennt sich das im Fachjargon. Luise Weiß, General Manager DACH von Adsquare, erklärt: “Wir leben im Zeitalter von ‘Big Data’ und uns wird immer wieder gesagt, dass für die besten Erkenntnisse riesige Datenmengen erforderlich sind. Aber wenn es darum geht, die Wirksamkeit Ihrer Drive-to-Store-Kampagnen zu verstehen und Ihren Ansatz zu optimieren, ist dies offensichtlich nicht der Fall. Durch die Einführung einer zielgerichteten Methodik, die Genauigkeit vor Volumen stellt, können Sie alle Einblicke gewinnen, die Sie benötigen.”

Die für die Messung nötigen Berechtigungen werden bei der App-Installation eingeholt und sind somit DSGVO-konform. So verknüpfen die Werbeplattformen den Offline-Besuch mit den Werbemaßnahmen aus DOOH, Audio und Mobile – maximale Werbeeffizienz ist gegeben.

Performance- und Erfolgsmessung in Echtzeit

Diese Verbindung der einzelnen Werbemaßnahmen ermöglicht auch die entsprechende Performance-Analyse, die Marketer aus der Online-Welt gewohnt sind. Bei Drive-to-Store-Kampagnen interessiert in erster Linie der Visitation-Uplift, also die Kennzahl dafür, ob der Kontakt mit einem Werbemittel eine Person eher dazu verleitet, ein Geschäft zu betreten. Dies wird anhand von entsprechenden Kontrollgruppen festgestellt. Darüber hinaus sind die Kosten für einen Besuch spannend, die Entfernung, die Kunden bis zum Laden zurücklegen mussten, welche einzelnen Filialen besonders erfolgreich sind oder welche Creatives überdurchschnittlich gut performen.

Auf einer weiteren Ebene lassen die Smartphones auch Einblicke in die Zielgruppen zu. Soziodemografische Informationen wie Alter, Geschlecht und Einkommen der Personen, die den Laden betreten, sowie deren Interessen können von Datenpartnern geliefert werden. Für Marketer ist es wichtig, all diese Informationen in Echtzeit zur Verfügung gestellt zu bekommen. Somit kann die Zielgruppe bestmöglich angesprochen und das gewünschte Ergebnis, der letztendliche Besuch in der Filiale, erzielt werden.

Fallbeispiele und Stimmen aus der Praxis

“Die Verfügbarkeit von derartigem Footfall-Measurement in der Breite hat aus unserer Sicht das Potenzial, die bisherigen Drive-to-Store-Strategien zu revolutionieren”, erklärt Carsten Riemann-Kafsack, Geschäftsführer der Mediaagentur Masterplan Media. Zur Veranschaulichung zieht er den Fall eines Modefilialisten heran, den seine Agentur betreut: “Bislang wurde zur Erhöhung des Filial-Traffics vor allen Dingen auf Funk und Handzettel gesetzt. Während diese Maßnahmen ohne Frage ein legitimes und breitenwirksames Werkzeug darstellen, wirft ihr Einsatz ebenso viele Fragen auf: Wie erreichen wir zuverlässig Print-Werbeverweigerer? Welche Segmente innerhalb der Zielgruppen sind überhaupt von einem Shop-Besuch zu überzeugen? Ist der Shop-Traffic tatsächlich inkrementell oder handelt es sich um natürliche Fluktuation?”

Der Einsatz von DOOH, Mobile und Digital Audio in Kombination mit dem Footfall-Measurement könne hier vielfältige Antworten geben. Darüber hinaus lassen sich laut Riemann-Kafsack zahlreiche Zielgruppenmerkmale von Demografie über Interessen bis hin zur Mediennutzung auswerten. “Diese Informationen sind dann nicht nur für die Live-Optimierung der Footfall-Kampagnen nutzbar, sondern können auch in eine effizientere strategische Mediaplanung einfließen”, so der Experte. “Ebenso erlaubt die Nutzung wertvolle Insights im Hinblick auf die Kreation: Ist es der neue Wintermantel, der den größten Pull-Effekt erzielt, oder ist es eine sortimentübergreifende Rabattierung?”

Agenturchef Kia Zolfaghari von VIVALU hat ebenfalls schon wertvolle Erfahrungen mit dieser Technologie sammeln können: “Für unseren Kunden IDM – Innovation, Development und Marketing Südtirol haben wir eine geräteübergreifende Kampagne mit lokalem Targeting für DOOH konzipiert. Hierbei wurde eine dynamische Ansprache abhängig von der Geoposition der einzelnen DOOH-Screens realisiert. Das eingesetzte Video kommuniziert individuell, wie lange die Reisezeit des Betrachters des digitalen OOH-Screens nach Südtirol beträgt.” So sahen Passanten in Bayern und Baden-Württemberg zunächst ein Video mit der konkreten Fahrzeit nach Südtirol auf dem großen Screen, etwa beim Warten auf den Bus. In der Folge wurden sie abends In-App mit einem abgestimmten Werbemittel erneut angesprochen.

TV-Bildschirm als nächstes Puzzlestück

Das Fernsehen ist der nächste Kanal, der programmatisch erschlossen wird und für Omnichannel-Kampagnen zur Verfügung steht. Denn auch Smart-TVs besitzen eine ID, die mithilfe der richtigen Technologiepartner mit einer Mobile ID verknüpft werden können. Somit lassen sich Ladenbesuche auch auf Werbekontakte über Sky oder Eurosport zurückführen. Carsten Riemann-Kafsack freut sich über diese Aussicht: “Je mehr Medien, darunter perspektivisch auch Smart-TVs, diese Möglichkeit der Auswertung bieten, desto näher kommen wir durch ständige Beobachtung und Optimierung einer größtmöglichen Effizienz für Drive-to-Store-Kampagnen. Zielbild ist es dann, unter Berücksichtigung aller Faktoren wie Filialgröße, Einzugsgebiet, regionalem Reichweitenpotenzial et cetera den idealen Mediamix für jede Filiale zu identifizieren. Wir sehen uns hier auf einem guten Weg und noch eine Menge Potenzial für alle Filialisten.”

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