Selbstbedienungskassen im Praxis-Check

Gerade in der Corona-Krise scheinen Selbstbedienungskassen eine gute Option zu sein, da sie den Kontakt zu anderen Menschen minimieren können. Es verwundert also kaum, dass dies in einer Befragung des Marktforschungsinstituts POS Pulse und des EHI als wichtigster Grund für ihre Nutzung während der Pandemie angegeben wurde. Bei einem längeren Praxistest in einer Leipziger Kaufland-Filiale klappte es zumindest mit der Kontaktvermeidung aber noch nicht so richtig.

Aktuell sind dort nahezu alle der insgesamt sieben Terminals für das Selbstscannen und Bezahlen von Produkten geöffnet. Lediglich eine Kasse lässt sich nicht nutzen, da aufgrund der ungünstigen Ecklage der Abstand zwischen den Kunden zu gering wäre. Die Kassen bieten parallel einen Handscanner und ein Scanfeld, so dass der eigentliche Scanvorgang optional komplett kontaktlos erfolgen kann.

Anzeige

Allerdings sind jede Menge Eingaben auf dem Touchscreen notwendig – für eine eventuell abgestellte Einkaufstasche, die Auswahl von Kasten oder Einzelflasche bei Getränken, nicht per Gewicht berechnetem unverpackten Obst und Gemüse oder die Auswahl der Bezahloptionen. Zwar geht von Oberflächen wohl keine besondere Übertragungsgefahr für das Virus aus, ein mulmiges Gefühl bleibt aber dennoch – zumal mit den Aktionen gegen Bargeld ja eher das Gegenteil suggeriert wird.

Scan-Probleme

Die eigentlichen Probleme bereitet aber eher das Scannen an sich. Sämtliche erfasste Produkte müssen nebenan auf eine Plattform gelegt werden, wobei es immer wieder zu Fehlern kommt. Bestimmte Waren (und zwar ganz unterschiedliche bei unterschiedlichen Shoppingtouren) werden nicht zuverlässig erkannt, weshalb dann ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin mit dem eigenen Zugangscode die Kasse erst einmal wieder betriebsbereit machen muss. Dabei fällt es recht schwer, zueinander die gewünschten 1,50 Meter bis 2 Meter Abstand einzuhalten.

Ebenso müssen die Mitarbeiter kontrollierend eingreifen, wenn Alkohol bzw. Zigaretten erworben werden – wodurch man als Konsument vielleicht erstmals auf die Bestimmungen hinsichtlich Schwarzwälder Kirschtorte aufmerksam wird – oder wenn das System mal wieder ein originales und nun überklebtes Warenetikett scannt und deshalb den originalen statt den reduzierten Preis aufruft.

Reduzierte Wartezeit

Dass man damit keinen Kontakt zu Menschen hat, was immerhin 72,3 Prozent der Befragten als wichtigsten Grund für die Nutzung von Selbstbedienungskassen nannten, klappt zumindest in diesem Einzelfall deshalb lediglich bei rund 30 Prozent der Einkäufe. Deutlich besser sieht es bei Punkt 2, der kürzeren Wartezeit (61,5 Prozent), aus: Seit der Einführung der Selbstbedienungskassen haben sich die Wartezeiten insgesamt reduziert – auch der allgemeine Kassenbereich profitiert stark von der Entzerrung. Zu Beginn der Pandemie, als alle noch schnell Vorräte besorgen wollten, bildeten sich zwar auch dort längere Schlangen. Inzwischen hat sich die Lage aber beruhigt.

Merkwürdiger Vorteil

Die drittplatzierte Antwort in der Umfrage verwirrt etwas: Von 47,3 Prozent der Nutzer wird es als wichtiger Vorteil gesehen, dass man an Selbstbedienungskassen weder Band noch Trenner anfassen muss. Dafür müssen sie aber bei den meisten im deutschen Markt genutzten Lösungen andere externe Geräte berühren, da die eigenen Smartphones derzeit nur selten in dieser Hinsicht verwendet dürfen und komplett kontaktlose Systeme die absolute Ausnahme bilden.

Zusätzlich wurde auch die Möglichkeit zur einfachen Kartenzahlung von vielen (46,6 Prozent) als Argument für Selbstbedienungskassen genannt. Dies dürfte dabei am ehesten wieder mit der Reduktion des menschlichen Kontakts zusammenhängen, da das Lesegerät so nicht von einer Kassierin hingestellt / hingedreht werden muss. Persönlich würde ich wohl unter die wenigen Personen fallen, die “sonstige Gründe” angeben: An den Kassen kann ich bedenkenlos mit Bargeld bezahlen, ohne dass ich mir um die Übergabe Gedanken machen muss.

Bei der Diebstahlsicherung setzt das Kaufland auf eine Klapptür, die sich erst nach Einscannen des Kassenbons öffnet. Zumindest bei Obst und Gemüse, das keinen Strichcode besitzt, versagt dieses System allerdings: Zwei übersehene und deshalb aus Versehen aus dem Markt geschmuggelte Kaki wurden von mir später an der Information bezahlt…

Zur Startseite