Handlungsempfehlungen für KMU in der Rezession

Deutschland erlebt derzeit die höchste Inflationsrate seit 1951. Viele Unternehmen stehen vor der Mammutaufgabe, die entstandenen finanziellen Risiken abzufedern und trotz aller Widrigkeiten die Umsätze hochzuhalten. Wie die während der der Corona-Pandemie vielerorts neu erlernte Flexibilität dabei helfen kann, erklärt Peter Harris, Chief Operating Officer (COO) bei Pipedrive.

Peter Harris ist Chief Operating Officer (COO) bei Pipedrive. Für das Unternehmen verantwortet er die strategische Geschäftsplanung, leitet sowie organisiert die Expansion und unterstützt im Partnermanagement. Zuvor war er unter anderem bei Deloitte und bei Intuit tätig.

Die gute Nachricht vorneweg: Eine Rezession trifft eine Volkswirtschaft nicht über Nacht. Stattdessen deuten Expert*innen kontinuierlich unterschiedlichste Indikatoren, wie Rohstoffpreise, Konsumbereitschaft der Bevölkerung oder Inflationsentwicklung. Dadurch können die Lenkerinnen und Lenker der hiesigen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) verschiedene Szenarien durchspielen, Lösungswege skizzieren und Strategien entwickeln. Alles mit dem Ziel, möglichst früh diejenigen Vorkehrungen zu treffen, um als Unternehmen die Krise nicht nur zu überleben, sondern gestärkt aus ihr hervorzugehen. Doch welche Maßnahmen sollten jetzt getroffen werden?   

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Beziehungen auf den Prüfstand 

In Krisensituationen sind die Beziehungen zu allen Stakeholdern ungemein wichtig. Diese gilt es zu prüfen, zu stärken und eventuell neu zu verhandeln. Von den Kunden über die Lieferanten bis hin zu Ihren Mitarbeitenden und Investoren – alle werden in der Rezession veränderte Bedürfnisse und Erwartungen haben. Wo immer möglich gilt es deshalb, das Gespräch zu suchen, die Bereitschaft zum Austausch zu signalisieren (zum Beispiel für eine Justierung der vertraglichen Rahmenbedingungen) und Beziehungen so trotz der schlechten wirtschaftlichen Stimmung aufrechtzuerhalten.

Wichtig dabei: Informieren Sie Kunden transparent über etwaige Preiserhöhungen, geben Sie regelmäßige Updates an ihre Mitarbeiter*innen, um der Entstehung von Gerüchten und Unruhe vorzubeugen und erklären Sie den Investoren ihren Maßnahmenplan, um aus der Rezession hinaus zu navigieren. 

Die Situation verstehen und Anpassungen vornehmen

Intelligente Technologien, wie CRM-Plattformen, ERP- und Buchhaltung-Dashboards, bieten einen klaren Überblick über den finanziellen Ist-Zustand und erlauben einen Ausblick in die Zukunft ihres Unternehmens. Dabei spielen Daten eine grundlegende Rolle. Stellen Sie also sicher, dass ihr Unternehmen über aktuelle, saubere und nutzbare Daten verfügt. Leistungskennzahlen zeigen, welche Umsatz- und Ertragsziele erreicht werden können.

In Krisenzeiten müssen zudem Aufgaben und Abläufe priorisiert und effizienter gemacht werden. Gelingen kann dies mit Automatisierungstechnologie, die in unterschiedlichen Geschäftsbereichen einst manuelle Aufgaben abnimmt und so die dringend benötigten Kapazitäten der Mitarbeitenden erhöht. Klassische Beispiele hierfür sind administrative Tätigkeiten wie die Terminkoordination im Vertrieb oder der automatisierte und personalisierte Versand von E-Mail-Marketing-Kampagnen.  

Kundenbetreuung 2.0

Lange Kundenbeziehungen sind essenziell für jedes B2B oder Dienstleistungsunternehmen. Entsprechend hoch priorisiert werden muss deren stetige Betreuung, um wiederkehrende Umsätze zu schaffen, sowie Upselling- und Cross-Selling-Möglichkeiten auszuloten. Viele Unternehmen implementieren dafür eigene Teams, meist zusammengefasst unter dem Begriff “Customer Success”. Dieser Ansatz ist genau richtig – und sollte in Zukunft ausgeweitet werden.

Denn Costumer Success Manager betreuen die Kundschaft ganzheitlich, hören zu, lesen zwischen den Zeilen, geben Wünsche und Bedürfnisse intern an die passenden Abteilungen weiter. Kurzum: Sie unternehmen alles, um Kunden glücklich zu machen und gleichzeitig die eigenen Produkte und Services zu optimieren. Eine langfristige Beziehung zwischen KMU und Kunde ist in den heutigen Zeiten der Schlüssel zur Resilienz.

Der Customer Success Management-Ansatz muss deshalb zwingend von Führungskräften mitgedacht werden. Hilfreich sind dabei unter anderem die Erkenntnisse aus persönlichen Gesprächen (Welche Produkt-Features werden gewünscht? Mit welchen Funktionen haben die Kunden Probleme?) und die Analyse von CRM-Daten.

Trotz Krise nicht nur sparen – langfristiges Wachstum mitdenken

Die jährlich von Pipedrive veröffentlichte Studie “State of Sales & Marketing” macht deutlich, dass selbst in schwierigen Zeiten Raum für Optimismus bleibt. 73 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, dass ihr Unternehmen die Umsatzziele im Jahr 2021, also inmitten der “Post-Lockdown”-Ära, erreicht oder übertroffen hat.

Interessant: Unternehmen, die sich während der Pandemie für einen Personalabbau und geringere Budgets entschieden haben, erreichten ihre Umsatzziele 2021 mit sieben Prozentpunkten geringerer Wahrscheinlichkeit als der Rest. Ein Viertel der befragten Unternehmen nutzte die Zeit, um neue, digitale Prozesse zu implementieren. Weitere interessante Einsichten aus der Studie:

  • Die Fachkräfte, die die Strategie des Unternehmens anzweifelten, erreichten seltener ihre persönlichen Verkaufsquoten. Stellen Sie sicher, dass die Roadmap für alle Beteiligten klar und verständlich ist.
  • Wer seine Vertriebsdaten und Aktivitäten automatisierte, erreichte die Verkaufsziele im Vergleich zu den analogen Kolleg*innen deutlich häufiger.  
  • Diejenigen, die ihre Sales- und Marketing-Aktivitäten (Smarketing) als gut integriert ansahen, übertrafen doppelt so oft die Wachstumsprognosen wie die mit den Smarketing-Aktivitäten unzufriedenen Kolleg*innen. 
  • Die Unternehmen, die trotz Krise 2021 ihre Marketingausgaben erhöhten, verzeichneten im Umkehrschluss ein höheres Wachstum. 
  • Drei Viertel (74 Prozent) aller Firmen, die CRM-Plattformen nutzen, verzeichneten 2021 ein höheres Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitrum. Im Vergleich: Bei den Firmen, die ohne CRM-System arbeiten, waren es 59 Prozent. 

In Krisenzeiten also alle Ausgaben rigoros drosseln, führt nur bedingt und kurzfristig zu den erhofften Ergebnissen. Investitionen in Personal und Ausstattung können sich dagegen langfristig bezahlt machen. Denn wer sich bereits jetzt für die Zeit nach der Krise aufstellt, kann der Konkurrenz entscheidend enteilen. 

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