Die Blockchain erschüttert die Grundfesten der E-Commerce-Welt

Amazon, Google, Alibaba und andere haben die Online-Welt unter sich aufgeteilt, erklärt Marcel Hollerbach, CMO von Productsup, in einem Gastbeitrag. Die Blockchain sei der Schlüssel dazu, diese virtuellen Grenzen zu überwinden.

Die Verheißung der digitalen Welt ist internationale Grenzenlosigkeit. Derzeit präsentiert sich die E-Commerce-Branche jedoch noch wie die Welt zur Zeit des Kalten Krieges. Global Player wie Amazon, Google, Facebook und Alibaba haben eigene Walled Gardens errichtet – mit individuellen Log-in-Daten, Zahlungsmodalitäten und Nutzerführungen. Hinzu kommen die Websites der Hersteller, die zahlreichen kleineren Marktplätze und perspektivisch auch die IoT-Devices.

Konsumentenzentrierung findet allein innerhalb des jeweiligen Ökosystems statt – nicht aber übergreifend. Wie damals eben: Man konnte problemlos durch die BRD reisen, aber an der Grenze zur DDR war dann Schluss mit lustig – und umgekehrt das Gleiche.

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Wäre es nicht besser, wenn Konsumenten über mehrere Portale hinweg Produkte in ihren Warenkorb legen und final einmalig bezahlen könnten? Das wäre kundenorientiert und würde somit für eine durchweg positive User Experience sorgen. Was wäre, wenn Händler jedes ihrer Produkte problemlos über nur eine Schnittstelle zu jeder Zeit über jeden beliebigen Kanal verkaufen könnten? Egal, ob auf einem Marktplatz wie Amazon, durch einen Smart Fridge, über Shopping-Portale wie Google oder in virtuellen Welten.

The future starts now: E-Commerce ohne Grenzen dank Blockchain

Ein solches Szenario ist dank der technologischen Entwicklung in greifbare Nähe gerückt und könnte den E-Commerce-Markt komplett auf links drehen: Notwendig wäre dafür eine Art Universal Shopping Cart, also ein universeller Einkaufswagen, der Kontakt-, Versand- und Zahlungsdaten des Konsumenten enthält und plattformübergreifend funktioniert. Jeder einzelne Verbraucher könnte so über verschiedene Portale hinweg Produkte in seinen Warenkorb legen und am Ende einmalig eine Bestellung tätigen. Größtes Problem dabei: Wer sollte diesen universalen Shopping Cart entwickeln? Ein Marktplatz wie Otto wird kaum eine Lösung des Wettbewerbers Amazon einsetzen, Google keine Lösung von Alibaba usw. Die Blockchain-Technologie könnte hier Abhilfe schaffen, da sie perfekt in solchen Bereichen zum Einsatz kommt, in denen sich mehrere Akteure gegenseitig nicht trauen. Ein Universal Shopping Cart auf Basis der Blockchain-Technologie würde alle für eine Transaktion notwendigen Nutzerdaten sichern und so systemübergreifende Bestellungen ermöglichen – ohne dass Kunden sich bei jeder Seite neu registrieren müssen.

Klingt ganz einfach. In der Praxis würde sich die Infrastruktur des Marktes jedoch komplett verändern: Bisher funktioniert E-Commerce in weiten Teilen noch bilateral zwischen Unternehmen und der jeweiligen Handelsplattform – die Abwicklung erfolgt dabei gar nicht mal so selten via Excel-Dateien oder pdf-Dokumenten, über die Produktinformationen und Ordermengen hin- und hergeschoben werden. Die Branche agiert in weiten Teilen noch wie der Online-Werbemarkt vor zehn Jahren – bevor die Programmatic-Revolution losbrach.

Product Content Networks sind auf dem Vormarsch

Mit Hilfe der Blockchain kann der E-Commerce jetzt in Riesenschritten aufholen. Und genau wie im Online-Werbemarkt würde sich mit dem technischen Fortschritt eine neue Gattung an Dienstleistern zwischen die Unternehmen und die jeweiligen Verkaufsplattformen schieben. Im Werbemarkt sind dies die Ad Exchanges, die auf der einen Seite die DSPs (Werbekunden) und auf der anderen Seite eine große Anzahl an SSPs (Publishern) bündeln. Im E-Commerce-Markt übernehmen dies künftig sogenannte Product Content Networks. Ähnlich den Ad Exchanges werden diese Marken bzw. Produkte weltweit nahtlos über nur eine einzige Schnittstelle an eine möglichst große Anzahl an Vertriebskanäle angeschlossen. Diese neuen Product Content Networks schaffen damit eine Infrastruktur, in der Daten nicht nur in Richtung des Marktplatzes fließen, sondern ebenso auch wieder retour – z. B. immer dann, wenn Bestellungen der Kunden zentral in das Commerce-System der Brand rückgeführt werden. Nur auf diese Weise werden Brands langfristig den direkten Kontakt zum Kunden aufbauen und pflegen können.

Die Product Content Networks schaffen damit ein neues Ökosystem – eines, das lückenlos Produktdaten und Listings, die Bestellungen, die Logistik und die CRM-Daten der Konsumenten enthält. Darüber hinaus wird es Brands ermöglicht, jedes ihrer Produkte zu jeder Zeit auf jedem Consumer Touchpoint verfügbar zu machen. Die neuen Dienstleister werden auch Analyse- und Reporting-Funktionen zur Performance der jeweiligen Kanäle übernehmen und konkrete Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Vertriebsstrategie geben.

Ein neuer Intermediär, der sich in die E-Commerce-Wertschöpfungskette drängelt? Ja, denn er sorgt für mehr Preistransparenz, bessere Verfügbarkeit von Produkten und ein einfacheres Handling bei der Sortimentssteuerung. Das bedeutet mehr Wettbewerb. Marken und Konsumenten profitieren von dieser Entwicklung. Im Gegenzug heißt das: Der Wettbewerb zwischen den einzelnen Commerce-Plattformen wird härter – wer die beste User Experience bietet, gewinnt.

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