Der Omnichannel-Kunde: Wenn Online und Offline eins werden

Für stationäre Händler wird es unabdingbar, selbst online präsent zu sein. Denn die meisten Kunden beginnen heute ihren Einkauf mit der Recherche im Netz. Ein Gastbeitrag von Steve Gershik, Chief Marketing Officer bei inRiver.

Während die Medien vor dem Hintergrund rapide anwachsender Umsätze im Onlinehandel immer wieder mal das Ende des stationären Handels heraufbeschwören, gestaltet sich die Realität etwas differenzierter. Die Übergänge vom Online- zum Offline-Handel und umgekehrt sind fließend und in vielen Fällen verschwimmen die Grenzen – doch während reine Online-Händler problemlos auf stationäre Verkaufsstellen verzichten und jedes Jahr zweistellige Wachstumsraten verbuchen können, ist es für stationäre Händler heute überlebenswichtig, sich und ihre Produkte auch im Internet zu positionieren.

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Grundsätzlich stehen das Ladengeschäft und die damit verbundene „physische“ Shopping-Erfahrung bei Konsumenten noch immer hoch im Kurs. Die Vorzüge eines Einkaufs im stationären Handel lassen sich nicht ohne Weiteres auf den Smartphone-Bildschirm verlagern: Das Risiko für Fehlkäufe ist geringer, da man vor dem Kauf das Produkt mit allen Sinnen prüfen kann. Dementsprechend sinkt die Rückgabequote auch erheblich. Beim Onlineshopping ist das etwas anderes, man bestellt etwas, ohne es vorher gesehen und gefühlt zu haben. Das Risiko steigt also, dass das Produkt nicht den eigenen Erwartungen entspricht und man es zurückschicken muss. In der aktuellen inRiver-Studie gaben 35 Prozent der Befragten an, im Zusammenhang mit Online-Einkäufen regelmäßig Enttäuschungen zu erleben.

Produktinformationen im Internet als zusätzlicher Service

Dennoch zeigen zahlreiche Statistiken, dass zumindest der erste Schritt beim Kauf eines Produkts heute einen Großteil der Konsumenten ins Internet führt. Laut der von inRiver befragten Deutschen informieren sich 52 Prozent der Verbraucher bei mindestens zwei Onlinequellen, wenn sie beabsichtigen, ein bestimmtes Produkt zu kaufen. In 51 Prozent der Fälle diente Amazon als wichtigste Informationsquelle. Für Händler ist es daher besonders wichtig, in dieser „Anbahnungsphase“ für potenzielle Kunden präsent zu sein. Dabei gilt es, Produktinformationen plattformübergreifend und konsistent bereitzustellen und sie fortlaufend zu aktualisieren. Werden Verbraucher durch widersprüchliche Angaben verunsichert, machen sie sich innerhalb weniger Sekunden auf die Suche nach einem anderen Anbieter oder einem anderen Produkt.

Jeder Tante-Emma-Laden kann seinen Kunden heute durch Online-Präsenz eine zeitgemäße Einkaufserfahrung bieten und so seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Zeitgemäß bedeutet, dem Kunden die Möglichkeit zu geben, seinen Einkauf im stationären Handel überall, zu jeder Zeit und mit jedem Gerät zu planen. Besonders viel Wert legen Verbraucher dabei auf Informationen über Preis, Verfügbarkeit und Produktdetails. Der Kunde von heute will sich nicht zwischen On- und Offlinekanälen entscheiden müssen. Er erwartet eine Customer Journey, in der beides nahtlos miteinander verknüpft ist. Zu oft wird die Tatsache verkannt, dass Online-Shops keine reinen Verkaufsstellen analog zum stationären Handel sind. Stattdessen sollten stationäre Händler sie als ergänzendes Angebot sehen – als Informationsportal und wichtigen Touchpoint für die Kontaktaufnahme mit neuen Kunden.

Stationäre Händler müssen sich auf Omnichannel-Kunden einstellen

Eine PwC-Studie von 2015 zeigte, dass es sich bei 64 Prozent der deutschen Verbraucher um ROPO-Kunden (Research Online, Purchase Offline) handelt. Das heißt um Kunden, die vor einem Offline-Kauf online recherchieren. Dabei findet die Online-Recherche jedoch nicht nur zu Hause statt, sondern in 34 Prozent der Fälle auch direkt im Laden. Wie kaum anders zu erwarten, sind es vor allem die Digital Natives, für die der fließende Übergang vom Online- zum Offlineshopping selbstverständlich geworden ist. 62 Prozent der 18- bis 24-Jährigen greifen vor einem Einkauf im stationären Handel zum Smartphone, um etwa Preisinformationen oder Produktbewertungen abzurufen. Aber auch Informationen zu Passform oder verwendetem Material spielen eine Rolle.

In der Studie Omnishopper 2017, in der 1.500 Konsumenten gefragt wurden, wie sie On- und Offlinekanäle beim Shopping nutzen, zeichnet sich ein deutlicher Trend dahingehend ab, dass zahlreiche Produkt- und Dienstleistungstypen nach einer Online-Recherche auch online gekauft werden. Ausnahmen bilden hier (noch) Lebensmittel oder Produkte, deren Versand relativ kompliziert ist, wie Möbel oder Autos. Für stationäre Händler, vor allem für jene aus den stark betroffenen Branchen, wie dem Buch- oder Elektrogerätehandel, bedeutet das, dass sie ihren Kunden Mehrwert durch eine optimierte Produktpräsentation im Internet bieten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Mittelfristig werden Händler in keiner Branche mehr darauf verzichten können, ihre Marke an den Bedürfnissen des Omnichannel-Konsumenten auszurichten.

Ausführliche Beschreibungstexte für Produkte sind dabei nur der Anfang. Während hochwertige Produktfotos mittlerweile selbstverständlich sind, bieten immer mehr Händler auch Produktvideos an. Multimediale Produktpräsentationen vermitteln ein realistischeres Bild und erleichtern dem Konsumenten die Kaufentscheidung. 51 Prozent der von inRiver Befragten bestellen bevorzugt Produkte, zu denen eine Videopräsentation existiert. Sind die gewünschten Informationen hingegen nicht innerhalb von etwa zehn Sekunden auffindbar, wechseln 40 bis 50 Prozent der Befragten zu einem anderen Anbieter.

Fazit

Konsumenten sind heute so anspruchsvoll wie nie. Und so unangenehm es für viele stationäre Händler auch sein mag: Sie müssen Argumente gegen die Online-Riesen liefern, wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen. Der entscheidende Schritt ist dabei, alle Vorteile miteinander zu verknüpfen, die Kunden am Online- und am Offlinehandel schätzen. Für stationäre Händler gilt es, ihre Produkte und deren Eigenschaften im Internet möglichst detailliert, komfortabel und multimedial zu präsentieren, um Kunden in ihre Geschäfte zu locken. Ist dieser Prozess erfolgreich, wird auch das Verkaufspersonal entlastet, da die Kaufentscheidung in der Regel bereits getroffen wurde, bevor der Kunde den Laden betritt. Die Qualität der Kundenbetreuung erhöht sich, da weniger Zeit in Verkaufsgespräche investiert werden muss.

Über den Autor

Steve Gershik ist Chief Marketing Officer bei inRiver. Vor dieser Tätigkeit leitete er sein eigenes Marketing-Beratungsunternehmen. Er bringt eine mehr als 20-jährige Erfahrung im B2B-Marketing in seine Position ein. Die aktive Betreuung von jungen Vermarktern, die sich für Nachfragegenerierung und Kundenmarketing interessieren, liegt ihm besonders am Herzen.

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